Mit Kindern über den Tod und das Sterben sprechen
ist das Thema, von dem ich dir heute berichten will. Ich lernte Frühpädagogin Martina Lieberdörfer bei einem ihrer Vorträge kennen. Sie gab Erwachsenen Anregungen, damit sie das kindliche Denken und Verhalten beim Thema Tod verstehen lernen.
Wenn Kinder nach dem Sterben fragen, sind Erwachsene oft sprachlos.
„Viele flüchten in Halbwahrheiten oder Negativumschreibungen“, sagt Martina Liebendörfer. Die Frühpädagogin aus Böblingen regt Eltern, Verwandte, Pädagogen und Erzieherinnen zu ehrlichen, klaren Worten und authentischem Verhalten an. Trauerprozesse bei Kindern verlaufen wie bei Erwachsenen nach dem Vierstufenschema, erklärt sie und meint:
- Schock mit Leugnen, Rückzug und Angst. Bleibt ein Kind monatelang in dieser Phase, rät sie zu therapeutischer Hilfe.
- Es folgt die kontrollierte Phase,
- die Regression mit starken Gefühlen und Zurückgehen in früheres Verhalten.
- Erst danach komme es zur Wiederannäherung ans Leben.
Die Tatsache des Todes kann das Kind – je nach Alter – nur in unterschiedlichem Ausmaß begreifen. Säuglinge nehmen den Tod von Mutter, Vater oder Geschwistern durch die bedrückte Stimmung wahr. Diese macht Angst. Ihnen – wie auch allen anderen Kindern – hilft hier Stabilität im Hinblick auf Bezugspersonen, Tagesrhythmus, häusliche Umgebung. Besonders wichtig ist das körperliche Wohlergehen, vor allem des Säuglings. Auch Babys bis zu zwei Jahren kann die Todesnachricht sprachlich kaum vermittelt werden. „Sie verstehen das Wort Tod nicht“, meint Martina Liebesdörfer. Hilfreich sind oft wiederholte Sätze wie: „Mama ist nicht mehr da.“, „Papa ist nicht mehr da.“ Das Verhalten des Kindes ist ein Signal, was es braucht. Bilderbücher, Familienfotos oder Gegenstände des Verstorbenen mit ihm anzuschauen ist hilfreich. Und sie rät, seine Fragen genau zu beantworten. Beispielsweise: „Der Körper spürt nichts mehr.“ Wenn die Erwachsenen Kinder wegschicken, fühlen sie sich verwirrt oder gar schuldig am Tod des lieben Menschen.
Erst mit neun bis 12 Jahren verstehen Kinder den Tod.
Dann wissen sie:
- Der Tote kommt nicht zurück.
- Sein Körper funktioniert nicht mehr.
- Es gibt Gründe, weshalb ein Mensch stirbt.
- Eines Tages muss jeder sterben.
Die Beerdigung gilt als Schlüsselritual.
Die Referentin rät, das Kind zu beteiligen mit Bilder malen oder Grabschmuck aussuchen. Nur wenn ein Kind nicht zur Beerdigung will, empfiehlt Martina Liebendörfer, dies zu respektieren. Von Negativumschreibungen des Wortes Tod wie zum Beispiel „Dein Bruder wohnt jetzt im Himmel“, riet sie ab: „Kinder nehmen wörtlich, was wir sagen.“ Es ist wichtig, nichts zu verschleiern. Wenn die Familie den Toten bei seinem Namen nennt, gewinnt das Kind Klarheit. Für weitere Anregungen hat sie zahlreiche Bilderbücher zum Anschauen für die Betroffenen, Interessierten und Erzieherinnen.
Vor 20 Jahren hat die Frühpädagogin begonnen, Material für die Begleitung von trauernden Kindern selbst zu entwickeln. Heute arbeitet sie freiberuflich, häufig in christlichen Kindergärten. Etwa mit ihrer pädagogischen Spielidee „Ostergarten“, die Variationen zulässt.
Ihre Buchtipps zum Thema sind:
- Nilsson, Ulf und Eriksson, Eva: Die besten Beerdigungen der Welt
- Varley, Susan: Leb wohl, lieber Dachs
- Weigelt, Udo und Kadmon Christina: Der alte Bär muss Abschied nehmen
- Saegner, Uwe: Papa, wo bist du? Ein Kinderbuch zu Tod und Trauer für Kinder
- Oyen, Wenche und Kaldhol, Marit: Abschied von Rune
- Hermann, Inger: Du wirst immer bei mir sein
- Lüftner, Kai und Gehrmann, Katja: Für immer
- Baumbach Martina und Körting, Verena: Nie mehr Wolkengucken mit Opa?
- Diakonisches Werk der EKD e.V. (Hg.): Themenheft: Wie Kinder trauern; Kinder in ihrer Trauer begleiten, Stuttgart 2010, Download unter http://www.diakonie.de/media/kinder-trauern_2010.pdf
Wenn du Fragen hast oder dich einfach nur aussprechen willst, stehe ich dir gerne mit meinem Angebot zum Gespräch zur Seite.
Ich bin gerne für dich da!
Deine Ines Franzke, Wegbegleiterin